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.Nach dem Tod seines Vaters im vorigen Jahr führte er allein die Brauereiin der Hahnenstraße.Er war sechsundzwanzig Jahre alt und ledig.In der Bruderschaft war er gutgelitten, und er war weder trunksüchtig noch mit Zahnfäule geschlagen, so wie die beiden anderenheiratswilligen Brauer, die im Laufe des Winters bei Madlen vorgesprochen hatten.Barthel hatteschon vor einem halben Jahr um Madlens Hand angehalten, aber sie hatte ihn vertröstet.Nun, da ihreZeit ablief, versuchte er abermals sein Glück, was angesichts seiner Schüchternheit ein mutigesUnterfangen für ihn bedeutete.Seine Ohren, die unter der Kappe hervorlugten, waren feuerrot vorVerlegenheit.»Geht nur ruhig schon heim, ich komme gleich nach.« Madlen vollführte eine scheuchende Geste,weil alle Mitglieder ihres Haushalts mit ihr stehen geblieben waren und Barthel beäugten wie Katzendie Maus.Barthel wich den bohrenden Blicken geflissentlich aus und knetete seine Hände, doch erhielt entschlossen die Stellung.»Glaub mir, es gibt Schlimmere als ihn«, sagte Cuntz leutselig zu Madlen, gerade so, als wäreBarthel gar nicht anwesend.Er verpasste Berni, der ihm am nächsten stand, eine Kopfnuss.»Los,komm weiter.« An Willi gewandt, setzte er hinzu: »Du auch.Maulaffen könnt ihr auch daheimfeilhalten.«Willi murmelte eine unverständliche, aber patzig klingende Erwiderung, was ihm eine schallendeOhrfeige von Irmla eintrug.»Fort mit dir, mach, dass du heimkommst!« Sie knuffte Caspar in denRücken.»Das gilt auch für dich«, sagte sie brummig.Caspar verneigte sich galant, den üblichen Schalk im Blick.»Wer will sich schon weigern, eine soholde Jungfer heimzugeleiten, und das auch noch bei strahlendem Sonnenschein!«Irmla schlug nach ihm, doch sie grinste dabei.Mit ihrem Sonntagsumhang aus brauner, dichtgewebter Wolle sah sie aus wie ein großes Fass.Ihr Gebende war so straff gewickelt, dass ihrDoppelkinn und ihr feistes, rosiges Gesicht noch mehr betont wurden.Auch sie musterte imWeitergehen den jungen Brauer, und dann warf sie Madlen einen Blick zu, der besagte: Wenn schoneiner, dann der da.Madlen seufzte unhörbar und wartete, bis die ganze Schar außer Hörweite war.»Gott zum Gruße, Meister Barthel«, sagte sie höflich.Diesmal machte er noch weniger Umstände als bei seinem ersten Vorstoß im vorigen Jahr.Damalshatte er sein Anliegen wenigstens in eine Frage gekleidet, die da gelautet hatte: Madlen, willst dumich heiraten?»M-Madlen«, stammelte er.»Ich w-will dich heiraten.«»Ich weiß.« Sie versuchte, den verzweifelten Unterton in ihrer Stimme zu unterdrücken, denn siewollte ihn nicht damit kränken, dass sie ihren Widerwillen allzu deutlich zeigte.Und dabei konnte sienicht einmal geltend machen, dass er kein tüchtiger Brauer wäre, denn er war einer.Falls sie sichzusammentaten, könnten sie eine der größten Brauereien in Köln betreiben, beinahe so groß wie dievon Onkel Eberhard, der in zwei Brauhäusern sechs Gesellen beschäftigte und leicht die fünffacheMenge braute wie Madlen.Barthel war ein anerkanntes Zunftmitglied, fromm und gottesfürchtig, under wäre ihr sehr ergeben und würde sie gewiss niemals schlagen.Doch leider sah er auch aus wie ein kinnloses Wiesel, und durch die Lücke zwischen seinenVorderzähnen versprühte er beim Sprechen oft Speichel, sodass es ratsam war, einen Schritt Abstandvon ihm zu halten.Madlen hatte bereits versucht, sich vorzustellen, von ihm beschlafen zu werden,doch allein bei dem Gedanken hatten sich Pusteln auf ihren Armen gebildet.»Barthel, dein Antrag ehrt mich sehr«, begann sie, drauf und dran, ihn rundheraus zurückzuweisen.Doch dann sah sie sich selbst in ihrem Haus sitzen, nach den Richtlinien der Bruderschaft zurUntätigkeit verdammt, während in der Braustube und im Ausschank nebenan keine Hand mehr gerührtwurde.Sie würde die Lehrlinge und den Knecht auf die Straße setzen müssen, wahrscheinlich sogardie Magd, denn ihre Ersparnisse würden nicht lange reichen, um mehrere hungrige Mäuler zu stopfen,vor allem nicht so hungrige wie das von Irmla.Die Bruderschaft würde sie mit einer kleinen Renteunterstützen, doch das wäre kaum genug, um sie und Cuntz vor der Verelendung zu bewahren.AmEnde würde sie alles verkaufen müssen, auch das Haus, und in eine der kläglichen Holzhütten an derStadtmauer ziehen, wo die Miete nur ein paar Pfennige kostete.Sie würde zusammen mit denzerlumpten und heruntergekommenen Menschen, die dort ihr Leben fristeten, auf den Kohl- undRübenfeldern schuften und für den Rest ihres Lebens auf verfaultem Stroh schlafen, mit Heerscharenvon Flöhen und Läusen als Gesellschaft.Bevor ihr vor lauter unangebrachtem Selbstmitleid die Tränen kommen konnten, straffte sie sichund holte tief Luft.»Ich lehne deinen Antrag nicht ab, Barthel.«Sein Gesicht leuchtete förmlich.»Oh! Das ist & Das ist & alles, was ich mir erhofft habe!«Er spuckte bei diesem Satz mehrfach in ihre Richtung.Madlen wich unmerklich zurück und fügteergänzend hinzu: »Jedenfalls nicht heute.Barthel, gib mir bitte noch eine Woche Zeit.Am nächstenSonntag teile ich dir meine Entscheidung mit.« Sie sah seine Enttäuschung und fuhr fort: »Aber ein Jaist wahrscheinlicher als ein Nein.«Er entblößte strahlend seine Zahnlücke.»Das ist schön!«Bei diesem Anblick bereute Madlen ihre letzte Aussage schon fast wieder, aber dann dachte sie andas faulige Stroh und die Flöhe, vor allem jedoch daran, dass sie möglicherweise nie wieder brauendurfte.Das half.Tapfer lächelte sie Barthel an.»Nun muss ich aber los! Auf bald, Barthel!« Hastigtrat sie den Rückzug in Richtung Schildergasse an.Auf dem restlichen Heimweg kam es ihr so vor, als eilte sie unaufhaltsam einem jammervollenSchicksal entgegen.RosenmontagJohann hockte im Geäst eines Baumes an der Waldgrenze und beobachtete die Burg.Sieerschien ihm weniger prächtig als in seiner Jugend, was aber daran liegen mochte, dass ersich früher leichter hatte beeindrucken lassen.Beeindruckend war die Burg tatsächlich,ein solides, steinernes Gebäude mit einem wehrhaften Bergfried und einer geräumigen Kemenate,umgeben von weitläufigen Wirtschaftsräumen, Ställen und Höfen.Von einer Ringmauer abgeschirmt,befand sich das Anwesen inmitten eines kleinen Sees
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